Ausblick
Das große Problem des prätherapeutischen Staging und der individuellen Risikoabschätzung ist, dass man das Prostatakarzinom bezüglich seiner Lokalisation und Größe mit den bislang zur Verfügung stehenden bildgebenden Verfahren nicht hinreichend sichtbar machen kann. Wenn man dies könnte, wäre man in der Lage mit gezielten Biopsien (Targetbiopsien) die Aggressivität des Tumors vor der Therapieentscheidung wesendlich genauer zu bestimmen. Zu den besten bildgebenden Verfahren, die heute zur Verfügung stehen, gehören u.a. der kontrastverstärkte Farbdoppler, C-TRUS (ANNA), und MRT kombiniert mit der Spektroskopie (MRT/ MRS). In einigen Zentren (z.B. University of California, San Francisco) wird MRT/ MRS routinemäßig für das prätherapeutische Staging eingesetzt, insbesondere auch bei den Patienten, für die eine Active surveillance Strategie eine Option ist. Immerhin können heute schon Prostatakarzinome mit einem Tumorvolumen größer 0.5 ccm in über 70% der Fälle im MRI/ MRSI sichtbar gemacht werden. Ein negativer MRT/ MRS Befund spricht dagegen eher für das Vorliegen eines kleinen Karzinoms kleiner 0.5 ccm. Die MRT/ MRS kann daher wichtige Hinweise auf die Lokalisation und Größe eines Tumor liefern, was bei einer Rebiopsie außerordentlich hilfreich sein kann. Jeder Fortschritt auf dem Gebiet der Bildgebung wird die prätherapeutische Risikoabschätzung verbessern und dazu beitragen, das Risiko einer Übertherapie zu senken.
Fazit
Das klinisch insignifikante Prostatakarzinom und die Übertherapie bei Karzinomen mit geringem Ausgangsangsrisiko (PSA kleinergleich 10, T1c- T2a, Gleason kleinergleich 6) ist ein Problem, das sich heute nicht mehr von der Hand weisen lässt. Die Gefahr einer Übertherapie ist umso größer, je kleiner die Karzinomherde sind, die in den Stanzbiopsien diagnostiziert werden. Der große Unsicherheitsfaktor für jeden Patienten, der eine abwartende und kontrollierte Haltung verfolgt, ist, dass der biologisch relevante Tumorherd in der Stanzbiopsie nicht erfasst oder nicht entsprechend erkannt wurde. Deshalb müssen gerade bei Patienten mit einem geringen Ausgangsrisiko (PSA kleiner 10, T1c-T2a) hohe Qualitätsansprüche an die Durchführung, Aufarbeitung und Befundung der Stanzbiopsien gestellt werden. Wenn alle relevanten Kriterien aus der Biopsie in die klinische Risikoabschätzung (inkl. Nomogramme, moderne Bildgebung) einbezogen werden, dann sollte es möglich sein, von allen Prostatakarzinompatienten diejenigen heraus zu finden, für die eine abwartende und kontrollierte Haltung (Active surveillance) eine realistische Option bietet.