In der aktuellen Diskussion über die Möglichkeit einer abwartenden und kontrollierten Haltung (active surveillance) bei Prostatakarzinompatienten darf man nie außer Acht lassen, dass dieser Tumor nach dem Bronchialkarzinom an zweiter Stelle der durch Krebs bedingten Todesursachen in der männlichen Bevölkerung steht. Dennoch gibt es zweifelsohne auch Prostatakarzinome, die klinisch unbedeutend sind und keiner Therapie bedürfen.
Es stellt sich daher die Frage:
Wann ist das Prostatakarzinom insignifikant und wie häufig werden heute derartige Tumoren durch die moderne Diagnostik entdeckt und einer definitiven Therapie zugeführt, die dem Patienten mehr schadet als nützt?
Diese Frage lässt sich leicht beantworten, wenn die gesamte Prostata (nach Prostatektomie) zur histologischen Untersuchung zur Verfügung steht. Alle organbegrenzte Tumoren (pT2) mit einem Tumorvolumen von = 0.5ccm und einem Gleason Score kleiner oder gleich 6 sind klinisch unbedeutende Prostatakarzinome, die für den Patienten keine Bedrohung darstellen. Das ist die allgemein akzeptierte Definition, die aber ein wesentliches Kriterium außer Acht lässt. Die persönliche Lebenserwartung des Patienten ist ein entscheidender Faktor bei der Beurteilung, inwieweit das Prostatakarzinom für einen Patienten relevant ist oder nicht. Selbst Prostatakarzinome, die über die oben genannten Kriterien hinausgehen (z.B. Gleason 3+4=7), können für einen Patienten unbedeutend sein, wenn seine Lebenserwartung durch andere Erkrankungen und sein Alter eingeschränkt ist. Die entscheidende Frage lautet deshalb: Kann man vor der Therapieentscheidung mit hinreichender Sicherheit feststellen, ob ein klinisch insignifikantes Prostatakarzinom vorliegt, oder ob der Befund in Abhängigkeit von der persönlichen Lebenserwartung eine definitive Therapie erforderlich macht oder nicht?