Unsere langjährige Beschäftigung mit grundlegenden Fragen der Differenzierung und Proliferation in der Prostata führte zu einem Stammzellmodel für die Entstehung und Progression des Prostatakarzinoms, das auf mehreren internationalen Konsensusmeetings diskutiert und in seinen Grundzügen akzeptiert wurde. Entsprechende Übersichtsartikel finden Sie in der beigefügten Literaturzitaten (Ref. 1,3,9)
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Stammzellbiologie des Prostataepithels Das normale Prostataepithel besteht aus drei unterschiedlichen Zelltypen (sekretorischen Zellen, Basalzellen und endokrine Zellen), die sich grundlegend in ihrer Markerexpression und biologischen Eigenschaften unterscheiden. Die Hauptmasse des Prostataepithels besteht aus den PSA- produzierenden sekretorischen Zellen. Den zweiten Phänotyp bilden die Basalzellen. Sie exprimieren hochmolekulare Zytokeratine, halten normale Epithel- Stroma Beziehungen aufrecht und gehen bei der Entstehung des Prostatakarzinoms verloren. Die endokrinen Zellen kommen als dritter Zelltyp disseminiert im Prostataepithel vor, exprimiern den endokrinen Marker Chromogranin A und bilden eine Reihe von Hormonen (z.B. Serotonin). Zellbiologisch lassen sich im Prostataepithel drei funktionelle Kompartimente unterscheiden:
Die Differenzierungsvorgänge zwischen den verschiedenen Zelltypen und funktionellen Kompartimenten, die letztlich die Integrität des Prostataepithels aufrechterhalten, werden durch ein hormonelles Gleichgewicht zwischen Androgenen und Östrogenen bestimmt. Der Differenzierungswandel von Basalzelle zum sekretorischen Zelltyp ist ein Androgen- regulierter Prozess und ist abhängig von der Anzahl der Androgen- rezeptiven Basalzellen, die in diese Differenzierungsprozess eintreten. Dem gegenüber stehen die Östrogene, die diesen Differenzierungswandel blockieren und somit zur Atrophie des sekretorischen Epithels und zur Basalzellhyperplasie führen. Dieser Östrogeneffekt wird über den klassischen Östrogenrezeptor alpha (ER alpha) vermittelt, der im Prostataepithel ausschließlich in der Basalzellschicht exprimiert wird. Der neu entdeckte Östrogenrezeptor beta (ER beta), der vorzugsweise die pflanzlichen Phytoöstrogene bindet, wird dagegen überwiegend im sekretorischen Epithel exprimiert. Genetisch manipulierte, sog. ERbeta-knocked-out Mäuse, denen dieser Rezeptor fehlt, entwickeln im Alter spontan eine benigne Prostatahyperplasie (BPH). Demnach schützt ein funktioneller ER beta das Prostataepithel der Maus vor der Hyperplasie. |
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Morphogenese des Prostatakarzinoms Prämaligne Differenzierungs- und Proliferationsstörungen |
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Bedeutung der Östrogene für die Tumorentstehung in der Prostata Andererseits gibt es Hinweise, dass die pflanzlichen Phytoöstrogene, die nur eine schwache östrogene Wirkung besitzen, die Entstehung des Prostatakarzinoms verhindern können. Im gesamten asiatischen Raum, wo man täglich Phytoöstrogene in Form von Soja und anderen Bestandteilen der traditionellen asiatischen Küche zu sich nimmt, ist die Häufigkeit des klinischen Prostatakarzinoms bekanntlich gering. Im Tierexperiment haben Phytoöstrogne einen wachstumsinhibitorischen Effekt auf das Prostataepithel, der bevorzugt über den ERâ vermittelt wird. Dieser Rezeptor zeigt hohe Expressionsraten im normalen Prostataepithel und geht in der HGPIN partiell verloren. Etwa 40% dieser prämalignen Läsionen zeigt deutlich verminderte Rezeptorexpressionraten. Demzufolge verhält sich der ERâ wie ein Tumorsuppressor, der bei der malignen Transformation des Prostataepithels partiell verloren geht, wodurch die protektive Wirkung der Phytöstrogene auf das Prostataepithel abgeschwächt wird. |
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