Die Prostata besteht prinzipiell aus zwei Kompartimenten: den Prostatadrüsen, die vom Prostataepithel gebildet werden (und in dem das Prostatakarzinom entsteht), und dem Bindegewebe (Stroma) der Prostata. Das normale Prostataepithel besteht aus drei unterschiedlichen Zelltypen (sekretorischen Zellen, Basalzellen und endokrine Zellen), die sich zellbiologisch grundlegend unterscheiden (1, 10) (Abb.2). Die sekretorischen (PSA-produzierenden) Zellen bilden die Hauptmasse des Prostataepithels. Sie besitzen den Androgenrezeptor und sind androgenabhängig. Unter Androgenentzug erleiden die sekretorischen Zellen den programmierten Zelltod und sterben ab. Die Basalzellen grenzen das sekretorische Epithel vom Stroma (Bindegewebe der Prostata) ab und verfügen über eine Reihe von Adhäsionsmolekülen und Rezeptoren, die eine normale Beziehung zwischen dem Prostataepithel und dem Bindegewebe der Prostata aufrechterhalten. Die Basalzellschicht enthält das Stammzellkompartiment des Prostataepithels. Hier befinden sich pluripotente Stammzellen, aus denen alle Zelltypen des Prostataepithels über einen Prozess der intermediären Differenzierung entstehen (1). Die Basalzellschicht enthält auch das Proliferationskompartiment des Prostataepithels, d. h. hier befinden sich die teilungsfähigen Zellen, aus denen sich das Prostataepithel regeneriert. Die Proliferationsaktivität (Wachstumsfähigkeit) der Basalzellschicht wird von einer Reihe von Wachstumsfaktoren bestimmt, die z. T. im Stroma (Bindegewebe) der Prostata gebildet werden. Die Basalzellschicht verfügt über die entsprechenden Rezeptoren bzw. Onkogene (HER-1, HER-2, HER-3, P53, c-met) und Tumorsuppressorgenprodukte (nm-23-H1)), die die Proliferationsaktivität der Basalzellen steuern (1, 10). Die Basalzellschicht ist in ihrer biologischen Funktion androgenunabhängig und ist auf Grund ihrer hohen Expression des Apoptosensuppressors Bcl-2 und des Hitzeschockproteins HSP-27 resistent gegenüber dem androgenregulierten, programmierten Zelltod. Die Basalzellen des normalen Prostataepithels haben zellbiologisch gewisse Ähnlichkeiten mit dem androgeninsensitiven Prostatakarzinom. Sie sind androgenunhabhängig, proliferationsaktiv, resistent gegenüber dem programmierten Zelltod, besitzen Stammzelleigenschaften und verfügen über eine Reihe von Wachstumsregulatoren, die im Prostatakarzinom in der Regel erst im androgeninsensitiven Stadium exprimiert werden (HER-1, HER-2, HER-3, Bcl-2, HSP-27). Sie überstehen unbeschadet die totale Androgenblockade und die externe Bestrahlung. Der Schlüssel zum Verständnis der Androgen- und Strahlenresistenz des Prostatakarzinoms dürfte somit in der Zellbiologie der Basalzellen verborgen sein. Die neuroendokrinen Zellen kommen verstreut im Prostataepithel vor und bilden den dritten Zelltyp des Prostataepithels. Sie sind extrem langlebige Zellen, die sich nicht mehr teilen und die eine Reihe von neuroendokrinen Wachstumsfaktoren produzieren. Sie besitzen keinen Androgenrezeptor und werden deshalb nicht von zirkulierenden Androgenen beeinflusst (1). Die Differenzierungsvorgänge zwischen den verschiedenen Zelltypen und funktionellen Kompartimenten, die letztlich die Integrität des Prostataepithels aufrechterhalten, werden durch ein hormonelles Gleichgewicht zwischen Androgenen und Östrogenen bestimmt (1). Der Differenzierungswandel von der Basalzelle zum sekretorischen Zelltyp ist ein androgenregulierter Prozess und ist abhängig von der Anzahl der androgenrezeptiven Basalzellen, die in diese Differenzierungsprozess eintreten (1). Dem gegenüber stehen die Östrogene, die diesen Differenzierungswandel blockieren und somit zur Atrophie (Schrumpfung) des sekretorischen Epithels und zur Basalzellhyperplasie führen. Dieser Östrogeneffekt wird über den klassischen Östrogenrezeptor alpha (ERα) vermittelt, der im Prostataepithel ausschließlich in der Basalzellschicht exprimiert wird. Der neu entdeckte Östrogenrezeptor beta (ERβ), der vorzugsweise die pflanzlichen Phytoöstrogene bindet, wird dagegen überwiegend im sekretorischen Epithel exprimiert (9). Genetisch manipulierte, sog. ERβ-knocked-out Mäuse, denen dieser Rezeptor fehlt, entwickeln im Alter spontan eine benigne Prostatahyperplasie (BPH). Demnach schützt ein funktioneller ERβ das Prostataepithel der Maus vor der Prostatahyperplasie.