Von der Pathogenese zur Prävention - Formale Pathogenese der HGPIN

Welche Mechanismen sind dafür verantwortlich, dass aus dem normalen Prostataepithel HGPIN entsteht? Bei der malignen Transformation (Entartung) des Prostataepithels (HGPIN) kommt es zu schweren Differenzierungs- und Proliferationsstörungen im Zellsystem des Prostataepithels (1,10). Die Proliferationsaktivität verlagert sich aus der Basalzellschicht (dem Proliferationskompartiment des normalen Prostataepithels) in das sekretorische Epithel (das Differenzierungskompartiment des normalen Prostataepithels). Diese Umverteilung der Proliferationszone ist eine typische prämaligne Proliferationsstörung und beruht pathogenetisch auf einer abnormen Expression von Steroidrezeptoren (AR, ERα, ERβ) und von Wachstumsfaktorrezeptoren (HER-1, HER-2, HER-3), die im normalen Prostataepithel im Proliferationskompartiment (Basalzellschicht) exprimiert und deren Liganten im Prostatastroma produziert werden (1). Hinzu kommen Störungen in der Regulierung des programmierten Zelltodes. Bcl-2, das im normalen Prostataepithel die Basalzellschicht vor dem programmierten Zelltod schützt, wird in etwa 20 % der HGPIN im sekretorischen Epithel überexprimiert und verhindert jetzt im transformierten Epithel den programmierten Zelltod, was die Wachstumsfraktion (Verhältnis zwischen Proliferation und Apoptose) drastisch erhöht. Bcl-2 positive HGPIN zeigen auch eine verminderte oder fehlende Expression des Androgenrezeptors, wodurch ihre Androgensensitivität abgesenkt oder eingebüßt wird (4).

Ein weiterer auffälliger Befund in der HGPIN gegenüber dem normalen Prostataepithel ist die abnorme Expression der Östrogenrezeptoren ERα und ERβ. In der normalen Prostata ist die Expression des ERα auf mRNA- und Proteinebene auf das Stroma und auf die Basalzellschicht beschränkt. In der HGPIN verlagert sich mit der Proliferationszone die Expression von ERα auf mRNA- Ebene konstant in das sekretorische Epithel, in dem sich die malignen Zellveränderungen histopatholgisch manifestierten (2) (Abb.3). In etwa 10% der Fälle ist der Rezeptor auch auf Proteinebene (d.h. immunhistochemisch) nachweisbar (2). Demnach wirkt der ERα als Onkogen, das bei der malignen Transformation (Entartung) des Prostataepithels überexprimiert wird und somit den kanzerogenen Effekt der Östrogene auf das Prostataepithel vermitteln kann (2). Anders verhält es sich mit dem ERβ, der vorzugsweise Phytoöstrogene bindet und einen wachstumsinhibitorischen Effekt auf das Prostataepithel ausübt. Dieser Rezeptor zeigt hohe Expressionsraten im normalen Prostataepithel und geht in der HGPIN partiell verloren (Abb.4). Etwa 40 % der HGPIN zeigt deutlich verminderte Rezeptorexpressionsraten (9). Demzufolge verhält sich der ERβ wie ein Tumorsuppressor, der bei der malignen Transformation des Prostataepithels partiell verloren geht, wodurch die protektive Wirkung der Phytoöstrogene auf das Prostataepithel abgeschwächt wird (9).

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